Süddeutsches Eisenbahnmuseum Heilbronn

                  Einheitstenderlokomotive 64 289

 

Die Baureihe 64

Bereists zu Begin der Reichsbahnzeit zeigte sich ein spürbarer Mangel an leistungsfähigen Nebenbahnlokomotiven mit niedrigem Achsdruck. Zur Abhilfe dessen und zur Begegnung der aufkommenden Kraftwagenkonkurrenz wurde im Rahmen des Einheitslokprogramms ab Herbst 1924 mit der Entwicklung einer Typenreihe für Nebenbahnlok begonnen. Ein Jahr später konnten die Entwürfe zu zwei Grundtypen mit 15t-Achsdruck, einer 1C1-Personenzuglokomotive (Baureihe 64) und einer 1D1-Güterzugtenderlok (Baureihe 86) vorgelegt werden. Aus der 1C1-Grundtype wurde später noch eine 1C-Schlepptenderlokomotive (Baureihe 24) entwickelt.

Ende 1927 wurden die ersten Lokomotiven der Baureihe 64 fertiggestellt. Die Abnahmen und Indienststellungen bei der Reichsbahn begannen im Januar 1928. Zur meßtechnischen Untersuchung wurde 64 019 dem LVA Grunewald zugeführt. Die Fertigung von insgesamt 520 Lok der Baureihe 64 sollte knapp dreizehn Jahre dauern und beschäftigte insgesamt fünfzehn Lokomotivfabriken. Weitere Baulose wurden kriegsbedingt storniert.

Die von der Reichsbahn abgenommenen 519 Lok, eine ging direkt aus der Serie an eine Privatbahn, wurden in allen Reichsbahndirektionen heimisch. Bis Mitte der 30er-Jahre waren durchschnittlich 10 bis 20 Lok in jeder RBD, wobei die RBDen Dresden und Nürnberg deutlich mehr, die RBDen Schwerin und Wuppertal weniger Lok hatten. Mit der Angliederung des Sudetenlandes wurde die 64er auch dort heimisch. Vereinzelt sah man sie bis Kriegsende auch auf ehemals österreischischem Gebiet. Obwohl weitgehend von Kriegseinsätzen verschont, zerschlug sich der Bestand durch die politischen Entwicklungen nach Kriegsende. In den drei Westzonen zählte man 281 Lok und in der SBZ zunächst 133 und später 122 Lok. Bislang nicht lückenlos geklärt sind die Lebensläufe der in den Ostgebieten verbliebenen Lok. So sollen 58 Lok im Gebiet der Tschechoslowakei, etwa 37 Lok in Polen und bis zu 20 Lok in der Sowjetunion verblieben sein. Eine einzige 64er kam zur Österreichischen Bundesbahn.

In den beiden deutschen Staaten kam die Baureihe 64 noch drei Jahrzehnte in den ihr angedachten Einsatzbereich. Bei der DB wurden die letzten Lok zum Jahresende 1974, bei der DR im Herbst 1975 ausgemustert. Als Denkmal oder Museumslok blieben in der Bundesrepublik zwölf Lok erhalten. Je eine Lok kam zu Museumsbahnen nach Belgien, England, Holland und der Schweiz. Die Deutsche Reichsbahn erhielt zwei und in Polen ist eine weitere Lok museal hinterstellt. Zudem soll sich noch eine 64er in der Slowakei befinden.

 

Die Baureihe 64 im Bw Heilbronn

In Heilbronn wurden die ersten 64er erst mit der Abstellung der württembergischen T5, der Baureihe 75.0 im Jahre 1959 heimisch. Fortan entwickelte sich das Bw Heilbronn zu einem Auslauf-Bw für die Baureihe 64, was sich daran zeigt, daß von den insgesamt 34 beheimateten Lok auch 27 hier z-gestellt wurden.

Zwischen Januar und April 1959 wurde ein erster Bestand aufgebaut. Die Lok fuhren nach Eppingen, Neckarelz, Öhringen, Osterburken und Sinsheim. Mit der Übernahme des Bw Lauda am 1.4.1962 zählte nunmehr auch der dortige 64er-Bestand zu Heilbronn. Hier kamen die Lok auf den Strecken Richtung Crailsheim, Osterburken, Wertheim und Würzburg zum Einsatz. Der planmäßige Einsatz der 64er in Heilbronn endete im Frühjahr 1972. Nur in der Einsatzstelle Lauda liefen noch drei Lok im Plan. Die letzten 64er, die neben der Baureihe 50 am Ende der Dampflokunterhaltung beim Bw Heilbronn am 2.6.1973 übriggeblieben, wurden noch am selben Tag nach Crailsheim umbeheimatet.

 

 

 

 

Betr.-Nr.

 

Herst.

ID

Fab.-Nr.

Datum

übernommen von

Datum

abgegeben an

64 016

Hanomag

1928

10509

01.04.1962

Bw Lauda

16.12.1963z

+10.03.1965

64 017

Hanomag

1928

10510

07.03.1968

Bw Aalen

03.11.1968z

+03.03.1965

64 018

Hanomag

1928

10511

01.04.1962

Bw Lauda

03.03.1971z

+02.06.1971

64 074

Vulcan

1928

4005

30.01.1967

Bw Ulm

31.12.1968z

+26.04.1970

64 079

Hagans

1928

1235

19.07.1968

Bw Aalen

25.11.1970z

+23.02.1971

64 080

Hagans

1928

1236

06.02.1959

Bw Goslar

02.03.1967z

+05.07.1967

64 081

Hagans

1928

1237

06.03.1959

Bw Hildesheim

12.06.1966z

+27.09.1966

64 082

Hagans

1928

1238

01.04.1962

Bw Lauda

31.01.1967z

+05.07.1967

64 083

Hagans

1928

1239

07.10.1961

Bw Aalen

18.10.1961

Bw Friedrichshafen

64 130

LH

1928

3097

23.08.1966

Bw Ulm

19.01.1967z

+05.07.1967

64 135

O&K

1928

11424

06.02.1959

Bw Celle

04.01.1962z

+30.11.1964

64 136

O&K

1928

11425

06.02.1959

Bw Braunschw.Vbf

01.06.1973

Bw Crailsheim

64 139

O&K

1928

11428

17.04.1959

Bw Braunschw.Vbf

31.01.1967z

+05.07.1967

64 143

Krupp

1928

992

15.02.1967

Bw Aalen

28.02.1968z

+21.06.1968

64 219

Union

1929

2837

18.04.1959

Bw Braunschw.Vbf

08.02.1967z

+05.07.1967

64 220

Union

1929

2838

17.04.1959

Bw Braunschw.Hbf

06.1965

Bw Aalen

64 231

Hanomag

1931

10624

05.03.1967

Bw Ulm

21.05.1970z

+22.09.1970

64 234

Hanomag

1931

10705

29.11.1961

Bw Aalen

23.01.1967z

+05.07.1967

64 235

O&K

1932

12381

05.03.1967

Bw Ulm

13.02.1971z

+02.06.1971

64 271

Krupp

1937

1287

10.08.1968

Bw Aalen

18.03.1970z

+22.09.1970

64 289

Krupp

1934

1298

09.03.1959

09.03.1971

Bw Rottweil

Bw Tübingen

08.10.1959

02.06.1973

Bw Rottweil

Bw Crailsheim

64 419

Esslingen

1937

4312

05.03.1967

Bw Ulm

02.06.1973

Bw Crailsheim

64 420

Esslingen

1937

4313

21.02.1962

Bw Kempten/Allgäu

04.11.1966z

+24.02.1967

64 438

Jung

1937

7023

07.1968 

Bw Aalen

30.05.1972z

+15.08.1972

64 442

Jung

1937

7027

13.02.1962

Bw Rosenheim

26.01.1966z

+20.06.1966

64 457

Jung

1938

7244

08.01.1959

BD Hannover

02.06.1973

Bw Crailsheim

64 458

Jung

1938

7245

30.01.1964

Bw Ulm

29.02.1968z

+21.06.1968

64 459

Jung

1938

7246

04.10.1961

01.04.1962

Bw Lauda

19.11.1961

07.08.1967z

Bw Lauda

Bw Lauda

+12.03.1968

64 461

Jung

1940

8662

01.04.1962

Bw Lauda

09.11.1967z

+12.03.1968

64 491

O&K

1940

13298

05.03.1967

Bw Ulm

02.06.1973

Bw Crailsheim

64 496

Esslingen

1940

4384

23.02.1968

Bw Weiden

13.12.1971z

+18.04.1972

64 502

Esslingen

1940

4390

07.10.1961

Bw Aalen

14.10.1965z

+04.03.1966

64 513

Jung

1940

9263

09.06.1969

Bw Tübingen

21.04.1971z

+09.09.1971

64 519

Jung

1940

9269

08.03.1971

Bw Tübingen

02.06.1973

Bw Crailsheim

Lok 64 289

Unsere Museumslok wurde von Krupp in Essen unter der Fabriknummer 1298 im Jahre 1934 für 104460.- Reichsmark an die Deutsche Reichsbahn geliefert. Ihr Abnahmetag war der 1. Februar 1934. Zwei Tage später begann der Betriebsdienst beim Bahnbetriebswerk Göttingen. Nach nicht einmal drei Wochen folgte die Umbeheimatung zum Bw Seesen, in dem sie, unterbrochen von einem kurzen Gastpiel im Winter 1940 beim Bw Kreiensen, bis 1945 in Dienst bleiben sollte und hauptsächlich die Strecken nach Goslar, Herzberg und Kreiensen befuhr. Bis Februar 1949 blieb 64 289 abgestellt und kam über eine Hauptuntersuchung im AW Glückstadt im Juni 1949 zum Bw Bremerhaven-Lehe. Ihr Einsatz erstreckte sich nun zwischen Bremen, Cuxhaven und Stade. Nach zwei Jahren Einsatz kam sie nochmals von April 1951 bis Mai 1954 zum Bw Seesen. Die folgenden Jahre waren geprägt durch viele Umbeheimatungen innerhalb der Direktion Wuppertal. Bis zum 1. Mai 1957 war 64 289 jeweils für wenige Wochen oder Monate bei den Bahnbetriebswerken Letmathe, Schwerte, Düsseldorf-Abstellbahnhof, Wuppertal-Vohwinkel, Siegen und Düsseldorf Hbf beheimatet. Ab dem 2.5.1957 wurde die Lok im Bereich der BD Stuttgart heimisch. Zunächst im Bw Tübingen und ab 1.7.1959 beim Bw Rottweil beheimatet, kam 64 289 schließlich vom 9.3.1959 bis zum 8.10.1959 zum Bw Heilbronn und danach bis zum 26.9.1966 nochmals zum Bw Rottweil. Anschließend kehrte sie zum Bw Tübingen zurück und war bis zu ihrem Einsatz beim Bw Crailsheim erneut vom 9.3.1971 bis zum 2.6.1973 im Bw Heilbronn beheimatet. Die z-Stellung in Crailsheim erfolgte am 21.12.1973. Im Sommer 1974 erwarb der Eisenbahn-Kurier die Lok, die schließlich am 15.3.1975 in das Eigentum der Eisenbahnfreunde Zollernbahn (EfZ) in Tübingen wechselte. Fortan kam die Lok vor Sonderzügen im süddeutschen Raum und während des Dampflokverbots auf DB-Strecken von 1977 bis zur Bahnreform hauptsächlich auf den Strecken der Hohenzollerischen Landesbahn (HzL) zum Einsatz. Vorerst letzter Einsatztag war der 28. April 2001. Danach war die Lok in Tübingen abgestellt. Seit dem 12.10.2005 zählt 64 289 als Leihgabe der EfZ bis zum Beginn der Wiederinbetriebnahme zum Bestand des Süddeutschen Eisenbahnmuseums Heilbronn. (JB)